Irgendetwas fasziniert Gregor an der “grauen Maus”, die ihm in der S-Bahn gegenüber sitzt. Sie ist in ihrer schlichten grauen Kleidung wirklich nichts Besonderes. Als sie aussteigt, glaubte er zunächst, sie habe ihre Handtasche vergessen; aber sie hat gar keine, keinen Rucksack, nichts dergleichen. Wie das? Die Frau ohne Handtasche gibt ihm Rätsel auf. Auf einmal steht die graue Frau in derselben Schlange bei der Konditorei, wo er sich in der Stadt ein Kuchenstück kaufen will — als schnellen Ersatz für ein Mittagsessen. Er nimmt allen Mut zusammen, sie anzusprechen und zu einer Tasse Kaffee einzuladen. Susanne Leyken, 50, ein ehemaliges, jetzt verarmtes Fotomodell, freut sich, dass sie ihr eigenes, äußerst knapp bemessenes Geld sparen kann und lässt sich darauf ein. Ermutigt durch seine Eroberung wagt sich Gregor noch weiter vor. Ja, er macht ihr den frivolen Vorschlag, mit ihr in ein Hotel zu gehen. Als sie ihn zu seiner völligen Verblüffung dazu ermutigt, zuckt er zurück. Aber er bietet ihr an, sie zu ihr nach Hause, nach Feldafing am Starnberger See zu fahren. Dort erschrickt er vor ihrer Armut. Sie wohnt in einem notdürftig hergerichteten Dachgeschoss. Mehr kann sie sich nicht leisten. Ihr kürzlich verstorbener Mann, ein berühmter Fotograf, hat ihr hohe Schulden hinterlassen. Sie musste alles verkaufen. Nur Alben mit zum Teil sehr erotischen Fotos von ihr sind ihr geblieben. Arbeitslos stürzte sie tief hinab und wurde noch dazu wiederholt bei Ladendiebstählen erwischt und verurteilt. Sie musste sich einer Therapie gegen Kleptomanie unterziehen. Die Therapeutin verpflichtete sie dazu, nie mit irgendwelchen Taschen in die Stadt zu fahren. In Gregor erwacht sein Helfersyndrom. So könne es mit ihr nicht weitergehen. Er beschließt, seiner Frau von dieser Begegnung zu berichten. Zum Abschied übergibt sie Gregor eines dieser Alben und einen braunen Umschlag. Darin ist dunkelrote Reizwäsche, die sie vor ihrem Zusammentreffen in einem Kaufhaus gestohlen hatte.